Mehr Geld für Bildung braucht das Land!

Ein Einwurf

Gebetsmühlenartig postulieren berufene Politiker*innen, inklusive Bundeskanzlerin, die herausragende Bedeutung qualitätsoptimierter Bildung für Deutschland. Sie gilt weithin, so die konsensfähige Quintessenz, als einzige erneuerbare Ressource in diesem Land. Daraus könnte eine mathematische Gleichung erwachsen – mit klarem Resultat: Anspruch und Erkenntnis führen logisch zu entsprechendem Output, im konkreten Fall ein veritabel ausgestattetes Budget für den gesamten Bildungssektor. Doch die Realität spricht eine deutlich weniger beredte Sprache.

Sowohl die Anteile an den staatlichen Ausgaben als auch am Bruttosozialprodukt weisen der Republik nur einen bescheidenen Platz im Mittelfeld aus, wie Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) unmissverständlich bestätigen. Insgesamt neun Prozent fließen von den Staatsausgaben in die Bildung, mit Blick auf das Bruttosozialprodukt sind es gerade zirka 4,5 Prozent. Länder wie Chile, Israel, Australien oder die Schweiz investieren zwischen 12 und 17 Prozent aus ihren nationalen Haushalten für die Bildung und der Durchschnittswert für die Bildungsquote am Bruttosozialprodukt beläuft sich im OECD-Vergleich auf 5.1 Prozent. Kuba fungiert hier als aktueller globaler Spitzenreiter. Lediglich auf dem Terrain beruflicher Bildung rangiert Deutschland auf vorderen Plätzen, was primär auf einer namhaften finanziellen Unterstützung durch Unternehmen basiert.

Ökonomische Kollateralschäden der Corona-Pandemie sind derzeit nur vage prognostizierbar, doch die Befürchtungen über dramatische Einschnitte in sämtlichen Bereichen kursieren seit Wochen zwischen Flensburg und Füssen. Tenor: Kürzungen im Bildungsbereich werden die breit analysierten Defizite noch massiv vergrößern und nachhaltig wirksame, kaum zu unterschätzende und gesamtgesellschaftlich relevante Negativkonsequenzen hervorrufen.

Das Augenmerk richtet sich zwangsläufig auf Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und die amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Britta Ernst (SPD): Vor allem ihr vehementes, konsequentes Eintreten stellt in diesen schwierigen Zeiten die Weichen für eine gebotene Ausstattung des Bildungsetats. Eine Rotstift-Politik wäre in jedem Fall der schlechteste Berater.

In den vergangenen Jahren und gerade gegenwärtig haben Studien und Plädoyers beharrlich auf die besonders neuralgischen Schwachstellen im deutschen Bildungssystem mit Ausrufezeichen hingewiesen: es ist zu wenig egalitär und damit auf Chancengerechtigkeit ausgerichtet, marginalisiert kulturelle Unterschiede und verweist den Mehrwert von Diversität in den Hintergrund, implementiert die Inklusion eher als Sparvariante, erweist sich auf dem Feld der Digitalisierung fast flächendeckend als umfassend defizitäres Entwicklungsfeld.

Bildungsexpert*innen von Aachen bis Anklam konstatieren weitere eklatante und essentielle Mängel, die dringend notwendiger, durchgreifender Reformen bedürfen. Inhalte seien oft rückwärtsgewandt, Methoden anachronistisch, Curricula zu überladen und die zum Beispiel im Weltaktionsprogramm der Vereinten Nationen ausdrücklich geforderte Partizipation gerade junger Menschen ein terra incognita. Der inzwischen weltweit intendierte Whole School Approach, dessen Grundlagen die holistische Ausrichtung einer Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie die explizite Einbindung der 17 Nachhaltigkeitsziele darstellen, scheitert in der Umsetzung in Deutschland bereits an den nach wie vor manifest etablierten Hierarchien. Teilhabe reduziert sich dergestalt bestenfalls auf eine gute Absicht.

Ergo genügt es nicht die Bildung per se auf einen pekuniär konsolidierten Sockel zu hieven. Gefragt sind ebenso Mut, Aufbruch, Innovation. Der Stau hat vielfältige Ursachen und weitreichende Wirkungen. Es bleiben halbherzige Schritte, wenn mit kultusministeriellen Demokratie-Erlassen in einer traditionell hierarchisch organisierten Umgebung eine Pseudo-Partizipation ermöglicht wird. Es gilt erheblich umfassendere Veränderungen auf den Weg zu bringen, die jede Schule als Mikrokosmos der Gesellschaft sichtbar macht und innerhalb der Region facettenreiche Ausstrahlungspotenziale entfalten lässt. Echte Reformen müssen fundiert, überlegt und in erster Linie überhaupt möglich sein.

Eine substantielle Bildungsoffensive sollte das profunde Ergebnis eines breit geführten, zielorientierten Diskurses sein und synchron neben einer angemessenen finanziellen Ausstattung den Handlungsspielraum für einen zukunfts- und praxisfähigen Aktionsradius eröffnen, Qualitätssprünge in der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften gehören dabei unbedingt mitberücksichtigt und fest verankert. Wenn hochwertige, chancengerechte und inklusive Bildung tatsächlich die einzige recycelbare Ressource des Landes ist, müssen sich die Strukturen vertikal und horizontal jenseits kosmetischer Korrekturen fundamental neu ausprägen.

Partizipation ist in diesem Prozess als garantiertes Recht zu gewährleisten und eine erheblich optimierte Egalität für alle. Nur so wird wahre Bildungsgerechtigkeit in den kommenden Jahren zum gelebten Selbstverständnis.

von Heinz-Jürgen Rickert

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